Eine Frage, die mir von Zeit zu Zeit durch den Kopf geht. Immer, wenn ich darüber nachdenke, wo ich vor einigen Jahren stand und wo ich jetzt stehe. Mit beiden Beinen im Leben, erfolgreich im Beruf, für meinen Sohn ein Fels in der Brandung. Wenn ich zurückblicke sehe ich ein zwischenzeitlich gebrochenes Herz, ein gebrochenes Leben, jemanden, der morgens schon Angst davor hatte, abends ins Bett zu gehen, um mit den eigenen Gedanken alleine in der Nacht wach zu liegen. Ich blicke auf jemanden zurück, der ohne Begleitung nicht den Wocheneinkauf geschafft hat. Jemanden, der vollkommen von der Angst gesteuert wurde.
Heute sieht das ganz anders aus
Und heute ist alles so leicht. So einfach, so unbeschwert. Zumindest den Großteil der Zeit. Und ich will stolz auf mich sein, dass ich aus dem Loch raus bin, rein in die beste Version meines Lebens. Aber irgendwie schwingt da die ganze Zeit so ein Gedanke mit. Wär mein Leben jetzt auch so leicht, würde ich keine Medikamente nehmen? Ist das überhaupt mein Verdienst? Was würde passieren, wenn ich die Medikamente jetzt absetze? Und ich fühle mich ein bisschen heuchlerisch, dass ich erzähle, wie ich die Angst überwunden habe, denn ich habe es nicht alleine geschafft.

Eines meiner festgefahrenen Gedankenmuster sagt mir, dass ich mehr wert bin, wenn ich gut abliefer. Dass man mich mehr liebt, wenn ich erfolgreich bin, wenn ich etwas schaffe. Also bin ich wertlos, wenn ich die einfachsten Dinge nicht ohne Hilfe erledigen kann und ohne Hilfe bedeutet für mich auch irgendwie ohne Medikamente.
Nein, nein, nein.
Bullshit. Genauso ein bullshit wie die oft gedachte Wahrheit, dass du ein Kind nur „richtig“ zur Welt bringst, wenn du bei der (natürlichen!) Geburt (das ist sehr wichtig, weil ein Kaiserschnitt ja gar nicht geht…) auf eine PDA verzichtest. What?! Warum muss irgendetwas scheiße weh tun, damit es richtig ist? Die PDA nimmt dir die ganze Anstrengung und den Schmerz der Geburt nicht ab, sie lindert nur. Ich glaub, mit Medikamenten ist es ähnlich. Meine morgendliche Pille ist kein Zaubermittel. Sie hat mir die Angst nicht weggenommen. Sie hat nur die Schmerzen gelindert und mich Dinge tun lassen, für die ich ohne sie zu kraftlos gewesen wäre. Eine kleine Starthilfe sozusagen. Aber all die Dinge, die ich mir zurück geholt habe, alle Aktivitäten und die Selbstständigkeit die in mein Leben zurück gekommen sind, hab ich mir alleine geholt. Also, ich denk du darfst stolz auf dich sein, auch wenn du Medikamente nimmst.